Bremerhaven ist nicht als Studentenstadt bekannt, sondern eher für den ärmsten Stadtteil Deutschlands oder als kleine, gerne in Vergessenheit geratene, Schwester von Bremen. Ungefähr 60 Kilometer trennen die beiden Städte voneinander, man munkelt, dass sich in Bremen nicht einmal Straßenschilder finden lassen, die einem den Weg nach Bremerhaven weisen.
Trotzdem hat es uns in die Stadt an der Wesermündung verschlagen. Warum? Weil es hier einen ganz besonderen und sogar deutschlandweit einmaligen Studiengang gibt: Cruise Tourism Management.
Die Hochschule Bremerhaven: ausgezeichnet für exzellente Lehre
Die Hochschule Bremerhaven ist mit rund 3000 Studierenden klein, bietet dafür aber sehr spezielle Studiengänge in zwei Fachbereichen. Dazu zählen beispielsweise Maritime Technologien, Transportwesen und Logistik, Integrated Safety und Security Management, Medizintechnik, Lebensmitteltechnologie oder auch Digitale Medienproduktion. Ganz neu ist ein Format aus Finnland: Gründung, Innovation und Führung. Da passt ein so spezialisierter Studiengang wie Cruise Tourism Management gut ins Portfolio.
Seit mittlerweile 15 Jahren bildet der Studiengang seine Studierenden erfolgreich aus. Das Erfolgsrezept liegt nicht nur an den guten Professoren oder dem innovativen Lehrkonzept, sondern auch an der persönlichen Note und der Intimität innerhalb des Studiengangs. Rund 50 Studierende werden pro Semester aufgenommen, das schafft schon fast Schulklassenatmosphäre.
Ziel des Studiengangs ist es, anschließend für Reedereien, Reiseveranstalter, Hotels, Incoming Agenturen oder andere Organisationen tätig zu werden.
Übersicht und Besonderheiten im Studiengang Cruise Tourism Management
Der Bachelorstudiengang erstreckt sich über acht Semester, also vier Jahre. Dabei verbringen die Studierenden ihre ersten vier Semester an der Hochschule, in Semester 5 und 6 gilt es Praxis- und / oder Auslandserfahrung zu sammeln, während das letzte Studienjahr wieder an der Hochschule verbracht wird.
Auch thematisch bietet der Studiengang eine große Bandbreite. Die Basis bilden wirtschaftswissenschaftliche Kurse, darauf aufbauend finden Kurse zu den Themen Kreuzfahrt und Tourismus statt. Zu guter Letzt muss eine gewisse Anzahl an Credit Points über freiwillig gewählte Kurse erbracht werden.
Eine große Besonderheit des Studiums ist nicht nur die kleine Anzahl an Studierenden, sondern auch der Fokus auf Team- und Gruppenarbeit. In vielen Modulen und Kursen geht es darum, gemeinsam Lösungen und Konzepte zu erarbeiten, neben der Vorlesung, die einem dafür die Grundlagen vermittelt. Am Ende des Semesters stehen somit weniger Klausuren, sondern eher Präsentationen und dazugehörige Berichte sowie Hausarbeiten zur Benotung.
Eine weitere Besonderheit ist daher das Lehrkonzept. Natürlich finden, wie soeben beschrieben, ganz normale Vorlesungen statt. Dabei wird der Studiengang wird zu 70 Prozent auf Englisch gelehrt, die restlichen 30 Prozent auf Deutsch.
Allerdings gibt es pro Semester ein sogenanntes Integrationsmodul, in dem der Professor ausschließlich in Kleingruppen mit seinen Studierenden arbeitet und keine Vorlesungen abhält.
Thematische Inhalte des Studiums
Dieses Integrationsmodul hat die Aufgabe, alle gelehrten Themen eines Semesters zu vereinen und zur Anwendung zu bringen. Dies resultiert dann meistens in gemeinsamen Hausarbeiten zur Erarbeitung eines Lösungsansatzes für ein Problem. In diesem Modul geht es also um problem- beziehungsweise projektbasiertes Lernen. Mit der Hausarbeit werden die Studierenden vor ein thematisch angepasstes Problem gestellt, dass sie dann mithilfe der erworbenen Kenntnisse aus den anderen Modulen und Kursen lösen.
Die Integrationsmodule sind auch gleichzeitig die Oberthemen der jeweiligen Semester. Im ersten Semester geht es dann beispielsweise um die makro- und mikroökonomischen Grundlagen, während im zweiten Semester die Entwicklung von Produkten sowie deren Vermarktung im Vordergrund steht.
Das dritte und vierte Semester steht ganz im Zeichen von Geschäftsmodellen, Wertschöpfungsketten, Prozessen und der Nutzung von Ressourcen. Dabei steht dies natürlich alles immer wieder im Bezug zum (Kreuzfahrt-) Tourismus. Das letzte Studienjahr fokussiert sich dann auf unternehmensstrategische Entscheidungen und natürlich die Bachelorarbeit.
Semesterübergreifend finden außerdem sogenannte Electives statt. Das sind Wahlpflichtfächer, die manchmal auch von externen Lehrbeauftragten durchgeführt werden. So haben wir beispielsweise an einem Elective zu Flusskreuzfahrten teilgenommen, das von einem unserer Absolventen gelehrt wurde, der mittlerweile für einen Anbieter von Flusskreuzfahrten arbeitet. Andere Themengebiete sind beispielsweise Sicherheit im Tourismus, nachhaltiger Tourismus oder auch interkulturelle Zusammenarbeit und internationales Management.
Außerdem ist eine weitere Fremdsprache bis Ende des dritten Semesters verpflichtend. In Bremerhaven werden Spanisch, Italienisch und Französisch gelehrt. Möchte man eine andere Sprache erlernen, werden einem dafür Kurse an der Hochschule Bremen angeboten.
Praktische Erfahrung sammeln
Wie für eine Fachhochschule üblich, liegt der Fokus bei Cruise Tourism Management auf dem Erwerb praktischer Erfahrung. Das zeigt sich unter anderem an der Auswahl der Lehrbeauftragten, die auch einige Kurse der einzelnen Module abhalten.
Besonders ist aber, dass gleich ein ganzes Jahr, das fünfte und sechste Semester, an anderen Hochschulen oder in Betrieben verbracht werden soll. Dabei ist es dem Studierenden freigestellt, für was er sich entscheidet. Entweder man verbringt zwei Semester als Praktikant in Betrieben und sammelt praktische Erfahrung oder kombiniert ein Auslandssemester mit einem sechsmonatigen Praktikum. Entscheidet man sich für ein ganzes Jahr an einer anderen Hochschule, muss man jedoch trotzdem noch zusätzlich einen kleinen Teil Praxiserfahrung in einer Firma sammeln.
Wir haben uns beide für ein gesamtes Jahr Praxiserfahrung entschieden. So haben wir das fünfte Semester als Crewmitglieder auf einem Kreuzfahrtschiff verbracht und waren anschließend im sechsten Semester bei einer deutschen Reederei beziehungsweise einer europäischen Niederlassung einer internationalen Reederei.
Traditionellerweise entscheiden sich einige Studierende für einen Vertrag als Crewmitglied. Denn nur, wer die Abläufe auf einem Kreuzfahrtschiff versteht und beherrscht, kann diese später von Land erfolgreich organisieren und koordinieren.
Selbstverständlich ist man aber bei der Gestaltung seines dritten Studienjahres relativ frei. So kann man sich seine Praktikumsbetriebe selber aussuchen. Wichtig ist nur, dass man die Dauer des Praktikums mit der Prüfungsordnung des Studiengangs abgleicht und dass man nicht in Deutschland bleibt. Einzige Ausnahme: ein Praktikum bei einer in Deutschland ansässigen Reederei.
Wer sich für ein Auslandssemester interessiert, kann auf eine große Auswahl an Partnerhochschulen zurückgreifen. So waren unsere Kommilitonen beispielsweise in Kolumbien, Spanien, England, Frankreich oder Norwegen. Aber auch in Irland, Thailand oder Australien gibt es Kooperationen.
Projektarbeit im Studiengang Cruise Tourism Management
Zur praktischen Erfahrung zählen auch Projektarbeiten. Diese bietet der Studiengang im dritten sowie siebten und achten Semester. Das erste größere Projekt ist das Community Outreach Project im dritten Semester. Wie der Name schon verrät, geht es darum, den Blickwinkel der Hochschule zu verlassen und etwas für die Stadt oder die Umgebung zu tun.
Eines unserer Projekte in diesem Semester war beispielsweise die Organisation einer Kleinkunstveranstaltung. Die Grundlagen dafür werden in den Kursen Project- und Eventmanagement gelehrt.
Das größere Projekt erwartet die Studierenden von Cruise Tourism Management dann aber im siebten und achten Semester. Hier findet das Consulting Project statt. Dies wird in Kooperation mit Unternehmen veranstaltet. Die Studierenden werden dann, wieder in Kleingruppen, als Unternehmensberater tätig. In unserem Jahr gab es beispielsweise Kooperationen mit TUI Cruises, dem Columbus Cruise Center Bremerhaven oder der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung.
Das ganze Jahr über wird man durch einen Professor betreut und steht natürlich auch mit den Unternehmen in Kontakt. Am Ende wird dann eine finale Präsentation der Ergebnisse im Unternehmen gehalten. So sammelt man mit dem Projekt nicht nur nützliche praktische Erfahrung, sondern auch wertvolle Kontakte in der Branche.
Das Leben als Cruise Tourism Management Studierender
Wie auch in vielen anderen Studiengängen, ist man im Studium Cruise Tourism Management viel beschäftigt. Der Unterschied liegt aber im Detail: Man hetzt nicht von Vorlesung zu Vorlesung, sondern darf sich seine Zeit relativ frei einteilen. Natürlich gibt es feste Vorlesungszeiten, die sich aber auf wenige Tage in der Woche konzentrieren.
Stattdessen lernt man seine Zeit besser einzuteilen und sich zu organisieren, da der Studiengang von der Gruppenarbeit lebt. So ist es der Regelfall, dass man pro Semester Teil von bis zu drei verschiedenen Teams ist, die es zu koordinieren gilt.
Die freie Zeitgestaltung begünstigt auch die Ausübung eines Nebenjobs. Bremerhaven bietet dafür viele Möglichkeiten. Für Studierende von Cruise Tourism Management sind die Aushilfstätigkeiten am Columbus Cruise Center Bremerhaven mit Sicherheit am interessantesten. Besonders beliebt sind Tätigkeiten als Host oder Hostess während der Kreuzfahrtsaison. Hierbei unterstützt man die Reedereien bei der Abwicklung der Passagierwechsel.
Besonders schön ist auch der persönliche Kontakt innerhalb des Studiengangs. Man lernt sich sehr schnell innerhalb eines Jahrgangs kennen, was insbesondere durch die Gruppenarbeit beschleunigt wird. Hier lernt man auch, persönliche Meinungen und Präferenzen auszublenden und mit den verschiedensten Charakteren zusammenzuarbeiten.
Aber auch zwischen den verschiedenen Jahrgängen entstehen gute Bekanntschaften und Freundschaften. Das kommt auch durch die Studiengangsinitiative Seegang e.V.. Der Verein wird immer vom dritten Semester geleitet und organisiert viele Veranstaltungen für die Studierenden.
So gibt es beispielsweise regelmäßige Schiffsbesichtigungen oder Vorträge. Der Verein unterstützt aber auch und bezuschusst so beispielsweise die Eintrittskarten für die international führende Tourismus Fachmesse ITB oder auch das Basic Safety Training für alle, die im Praxisjahr an Bord gehen möchten.
Seegang e.V. finanziert sich hauptsächlich durch die Veranstaltung einer großen Semesterabschlussfeier am Ende des Wintersemesters. Diese findet in der Hochschule statt und ist für alle Studierenden, aber auch für Bremerhavener gedacht.
Mit der Studiengangsinitiative wird von den Studierenden also auch zusätzliches Engagement neben dem Studium erwartet, denn es gibt viele Posten zu besetzen.
Zudem finden weitere regelmäßige Veranstaltungen statt. Neben einer selbst organisierten Weihnachtsfeier gibt es auch immer ein Sommerfest.
Zudem wird ein alljährliches Homecoming Event veranstaltet. Hier erzählen die Siebtsemester von ihren Auslandserfahrungen und stehen den Erst- und Drittsemstern gerne helfend zur Seite.
Fazit zum Studiengang Cruise Tourism Management
Wir sind vom Konzept dieses Studiengangs sehr überzeugt. Für uns war das Studium also die richtige Entscheidung. Durch die vielen praktischen Elemente und zusätzlichen Veranstaltungen von Seegang e.V., ist man nach den vier Jahren Studium sehr gut auf den Berufseinstiegt vorbereitet.
Allerdings hängt auch viel von der eigenen Motivation ab. Wem das Studium an sich noch nicht reicht, für den gibt es weitere Möglichkeiten, insbesondere, um wertvolle Branchenkontakte kennen zu lernen. So kann man beispielsweise Mitglied des Young Travel Industry Clubs werden und so Zugang zu vielen weiteren Veranstaltungen erhalten.
Wir haben außerdem immer gerne an der TourKon teilgenommen. Die TourKon ist eine dreitägige Flusskreuzfahrt für touristische Nachwuchskräfte. Dabei finden dann unter anderem Workshops und Messen statt, bei denen man sich gegenseitig kennenlernen kann und viel voneinander lernt.
Insgesamt haben wir uns also sehr gut aufgehoben gefühlt und können unseren Studiengang allen Interessierten nur empfehlen.
Weitere Informationen zum Studiengang oder Zugangsvoraussetzungen findet ihr hier.